Positionspapier Facharbeitskreis Antidiskriminierung
Zusammenhalt und Vielfalt – unsere Zukunft gestalten
Die Antidiskriminierungsarbeit der Aids- und Selbsthilfe ist Demokratiearbeit. Sie ist der Schaffung einer gerechten Gesellschaft verpflichtet und will für eine gleichberechtigte Teilhabe unserer Communitys in der Gesellschaft streiten. In diesem Sinne beschreibt das Positionspapier Handlungsfelder und formuliert Forderungen zur Absicherung einer vielfältigen Antidiskriminierungs- und Menschenrechtsarbeit.
Wie wir die Situation wahrnehmen
Als Individuen, als Aidshilfe, als Zivilgesellschaft sind wir einer Bedrohungslage von rechts ausgesetzt, die uns erschüttert, verängstigt und wütend macht. Menschen aus unseren Communitys erleben Ausgrenzung, Einschüchterung, verbale oder gar körperliche Angriffe.
Zu diesen Personengruppen zählen u. a. Menschen mit HIV, Black, Indigenous and People of Colour (BIPoC), muslimisch und jüdisch gelesene Menschen, LSBTIQ-Personen – insbesondere TIN-Personen – und Menschen mit Behinderung. Diese Menschen sind der Bedrohung von rechts in unterschiedlicher Intensität ausgesetzt. Letztendlich betrifft es aber jeden von uns. Mit wachsender Machtfülle rechter Parteien wird es zunehmend schwerer etwas dagegen zu setzen. Wir wollen, dass niemand bedroht wird oder sich verstecken muss!
Wir halten daran fest, dass ein Leben in Respekt und frei von Diskriminierung mit gleichen Rechten kein Luxusgut ist, sondern eine Selbstverständlichkeit, ein Menschenrecht, das im Grundgesetz festgeschrieben ist! Ebenso vertreten wir die Auffassung, dass Errungenschaften auf dem Weg zur Gleichstellung für diskriminierte Menschen keinerlei Benachteiligung für andere Mitglieder der Gesellschaft bedeuten oder gar deren Rechte beschneiden, sondern ausschließlich eine Bereicherung für alle sind. Wir werden die bisher erlangten Errungenschaften nicht aufgeben, sondern uns für deren Verstetigung und Erweiterung einsetzen.
Die Bedeutung der Antidiskriminierungsarbeit nimmt in Zeiten der Bedrohung von rechts zu. Im aktuellen politischen Geschehen stellen wir fest, dass wir nicht mehr davon ausgehen können, dass alle politischen Akteur*innen im Rahmen der demokratischen Grundordnung agieren. Deshalb müssen wir klar gegen rechte politische Strömungen und direkt gegen die sie vertretenden Organisationen Stellung beziehen.
Im Austausch untereinander stellen wir fest, dass wir als Akteur*innen in Aids- und Selbsthilfe(n) die Situation als sehr ernst und bedrohlich wahrnehmen. Wir beobachten außerdem, dass sie in uns Angst, Wut, und Gefühle der Ohnmacht auslöst. Wir halten diese Reaktionen für angemessen, aber sie müssen uns ins Handeln führen!
Unsere Stärke liegt im Verband und in der Solidarität: Hier stehen schon jetzt viele Kräfte zusammen. Unsere Tradition der politischen Arbeit ist lang, stark und kämpferisch. Wir wissen aus Erfahrung, dass es sich lohnt, gegen Diskriminierung zu arbeiten. Darauf bauen wir auch in der heutigen Lage.
Wie wir agieren
Wir informieren uns über die Einflussnahme von rechts auf Politik und Gesellschaft und wir setzen Grenzen gegen die Menschenfeindlichkeit. Uns ist es dabei auch wichtig, Kommunikationsbrücken zu bauen und deutlich zu machen, warum eine plurale, demokratische, freie und friedliche Gesellschaft eine gute Zukunft für uns alle bedeutet.
Wir erhalten und fördern unsere Sprachfähigkeit und Handlungsfähigkeit. Dafür hören wir unseren Communitys zu und solidarisieren uns mit ihnen in ihren Forderungen und Kämpfen.
Wir machen uns und unsere Arbeit sichtbar und verschaffen uns Gehör. Das ist Teil unserer Tradition und wir schrecken nicht davor zurück, auch unbequeme Positionen zu ergreifen und für Menschengruppen einzutreten, die massiv marginalisiert werden.
Auf lokaler Ebene streben wir eine tiefergehende Vernetzung mit Menschenrechtsorganisationen, demokratischen Initiativen und Vereinen an, um uns gegenseitig zu stärken und zu schützen.
Wir handeln gemeinsam, strategisch, konkret und gezielt gegen die rechte Bedrohung. Das bedeutet auch, dass wir uns nicht auseinanderdividieren lassen – weder im Verband noch in der Gesellschaft.
Wir schützen und stärken die Verankerung und Sichtbarkeit unserer Werte – beginnend in unserem Verband und in unseren Netzwerken.
Wir stellen uns gegen jede Form von Ausgrenzung, Mobbing, Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus und Queerfeindlichkeit!
Was wir fordern
Wir fordern ein gesamtgesellschaftliches, vernetztes, strategisches Handeln gegen die Bedrohung von rechts. Wir sehen eine vielfältige Antidiskriminierungsarbeit als Grundlage dafür und fordern eine entsprechende Absicherung durch die Politik.
Wir vernetzen uns verstärkt mit anderen Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft, um gemeinsam gegen rechte Strömungen und für eine demokratische Gesellschaft einzutreten. Wir fordern alle demokratischen Parteien und politischen Akteur*innen auf, jede Form der Annäherung oder Anbiederung an rechte Positionen einzustellen!
Insbesondere fordern wir ein klares Bekenntnis aller demokratischen Kräfte für eine rechtebasierte und humanitäre Migrationspolitik, die sich auf Fakten stützt – ohne Duldung oder Mittragen jeglicher Form von Stigmatisierung und Menschenfeindlichkeit.
Wir fordern den Schutz und die Bewahrung der Errungenschaften, die wir erkämpft haben. Dafür braucht es nicht zuletzt eine solide und langfristige Finanzierung von Menschenrechtsarbeit und demokratischen Strukturen.
Die Mitgliederversammlung der Deutschen Aidshilfe hat am 10. November 2024 einstimmig dieses Positionspapier beschlossen. Auf den Weg gebracht wurde es vom Facharbeitskreis Antidiskriminierung, in dem Mitarbeitende von Aidshilfen aus vielen Regionen Deutschlands und Aktivist*innen aus unterschiedlichen Communitys gleichberechtigt zusammenarbeiten. Der Facharbeitskreis ist der strukturellen Prävention verpflichtet und arbeitet kontinuierlich an der Verbesserung der Lebensverhältnisse von Menschen mit HIV.