Diskriminierung am Arbeitsplatz

Dank HIV-Medikamenten können Menschen mit HIV heute gut und lange leben, lieben und auch arbeiten. Im Joballtag besteht kein Übertragungsrisiko, und im Schnitt sind Menschen mit HIV nicht öfter krankgeschrieben als andere Arbeitnehmer_innen. Hilfreich sind Vereinbarungen für ein diskriminierungsfreies Miteinander. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schützt auch vor HIV-bezogener Diskriminierung.

Das Wichtigste zu HIV und Arbeit in Kürze

  • Die meisten Menschen mit HIV in Deutschland sind erwerbstätig. Sie sind in der Regel genauso leistungsfähig und belastbar wie andere Arbeitnehmer_innen.
  • Menschen mit HIV können jeden Beruf ausüben, denn HIV wird im alltäglichen Miteinander im Job nicht übertragen.
  • Bei Einstellungsuntersuchungen darf kein HIV-Test verlangt und nicht nach HIV gefragt werden – hiervon gibt es nur wenige Ausnahmen.
  • Menschen mit HIV müssen Arbeitgeber_innen und Kolleg_innen nicht von ihrer Infektion erzählen.
  • Ein offener Umgang mit der HIV-Infektion kann entlastend sein. Die Entscheidung liegt aber allein bei den Menschen mit HIV.
  • Hilfreich sind betreiblichen Vereinbarungen für ein respektvolles Miteinander. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schützt auch vor HIV-bedingter Diskriminierung.
  • Die Aidshilfen und die Antidiskriminierungsstelle der Deutschen Aidshilfe bieten Unterstützung, wenn man sich gegen HIV-bezogene Diskriminierung wehren will.

Arbeiten mit HIV

Der Großteil der Menschen mit HIV in Deutschland ist erwerbstätig. Sie sind genauso leistungsfähig und belastbar und nicht häufiger krankgeschrieben als andere Arbeitnehmer_innen.

HIV ist gut behandelbar. Dank HIV-Medikamenten können Menschen mit HIV heute gut und lange mit dem Virus leben, und die HIV-Therapien sind meist gut verträglich. Wenn Nebenwirkungen auftreten, dann vor allem in den ersten Wochen nach Beginn einer Therapie oder einer Therapieumstellung. Die meisten Menschen mit HIV kommen damit aber gut klar.

Menschen mit HIV arbeiten in jedem Beruf

HIV ist im alltäglichen Miteinander nicht übertragbar, auch nicht im Job. Für Vorgesetzte, Kolleg_innen, Kund_innen und betreute Personen besteht keine Übertragungsgefahr.

Das gilt auch für ärztliche oder zahnärztliche Einrichtungen, in der Pflege und Versorgung, in der Gastronomie und Lebensmittelindustrie sowie in der Betreuung von Kindern, Jugendlichen und anderen: Die üblichen Hygiene- und Arbeitsschutzmaßnahmen bieten sicheren Schutz vor Übertragungen. Menschen mit HIV können also jeden Beruf ausüben.

Falls zum Job Reisen in Länder gehören, in denen es Einreisebeschränkungen für Menschen mit HIV gibt (siehe hivtravel.org), können hier gemeinsam Lösungen gefunden werden.

Viele Fragen zu HIV und Arbeit beantworten unsere FAQ zum Thema. Auch auf hiv-diskriminierung.de findest du umfangreiche Informationen.

Keine HIV-Tests und Fragen nach HIV in Einstellungsuntersuchungen

Alle Arbeitnehmer_innen haben ein Recht auf den Schutz ihrer Privatsphäre. Dazu gehören auch persönliche Gesundheitsinformationen.

Bei Einstellungsuntersuchungen darf kein HIV-Test verlangt werden. Einzige Ausnahme sind besonders verletzungsträchtige chirurgische Tätigkeiten wie das Operieren im beengten Operationsfeld mit schlechter Sichtkontrolle. Dafür soll laut Empfehlung die Viruslast des Menschen mit HIV unter der Nachweisgrenze von 50 Viruskopien pro ml sein und mit doppelten Handschuhen gearbeitet werden.

Auch das Angebot eines „freiwilligen“ HIV-Tests ist fehl am Platz, denn wenn ein solches Angebot abgelehnt wird oder der Test positiv ausfällt, könnten Benachteiligungen die Folge sein. Da aber der HIV-Status keine Rolle spielt: Warum sollte dann getestet werden?

Keine Pflicht zur Offenlegung des HIV-Status gegenüber Arbeitgeber_innen und Kolleg_innen

Die Frage nach einer HIV-Infektion darf nur gestellt werden, wenn sie für die ausgeübte Tätigkeit relevant ist. Das ist bei fast allen Berufen nicht der Fall.

Daraus ergibt sich für Arbeitnehmer_innen ein „Recht zur Lüge“: Sie dürfen Fragen wahrheitswidrig beantworten, die Arbeitgeber_innen gar nicht stellen dürfen, weil sie für die Stelle nicht relevant sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob dies mündlich oder schriftlich erfolgt. Wenn Arbeitnehmer_innen in einem solchen Fall rechtmäßig „gelogen“ haben, können hieraus keine Konsequenzen erwachsen. Sollte dies doch der Fall sein, kann man sich erfolgreich bei einem Arbeitsgericht dagegen wehren.

Auch gegenüber Kolleg_innen gilt: Alle Arbeitnehmer_innen haben ein Recht auf den Schutz ihrer Privatsphäre. Dazu gehören auch persönliche Gesundheitsinformationen. Da es keine Infektionsrisiko für Kolleg_innen gibt, besteht keine Pflicht – auch keine „moralische“ –, sie über eine HIV-Infektion zu informieren.

Ein offener Umgang mit HIV kann entlasten

Sich am Arbeitsplatz als HIV-positiv zu outen, kann entlastend sein. Wenn man ein „positives Coming-out“ gewagt hat, kann dies Selbstbewusstsein vermitteln und einem die Erfahrung ermöglichen, dass man so akzeptiert wird, wie man ist. Außerdem kann man entspannt sein, wenn es um persönliche Themen geht, denn man muss keine Angst haben, dass einem etwas herausrutscht.

Die Reaktionen und Einstellungen anderer kann man allerdings nur bedingt beeinflussen. Oft sind sie besser als erwartet. Dennoch sind auch negative Reaktionen möglich.

Nicht alle Menschen mit HIV können oder wollen deshalb im Job offen mit ihrer Infektion umgehen. Nur Menschen mit HIV selbst entscheiden, ob, wann, mit wem und wie sie darüber sprechen.

Viele Menschen mit HIV, die offen mit ihrer HIV-Infektion umgehen wollen, gehen schrittweise vor. Sie schaffen sich erst einen sicheren Ort, zum Beispiel in der Beziehung, einer Freundschaft oder der Familie. Anschließend ziehen sie immer weitere Kreise darum herum. Dabei schöpfen sie aus positiven Reaktionen bei den ersten Coming-out-Erlebnissen.

Wer sich fragt, ob er_sie sich am Arbeitsplatz outen soll, kann von der Erfahrung und dem Wissen vieler anderer profitieren. Selbsthilfeorganisationen und -gruppen bieten Unterstützung und praktischen Rat. Eine Liste der Selbsthilfekontakte findet sich unter aidshilfe.de/hiv-selbsthilfegruppen.

Schutz vor HIV-bezogener Diskriminierung

Viele Betriebe und Einrichtungen haben interne Vereinbarungen für ein respektvolles und diskriminierungsfreies Miteinander. Schutz vor Diskriminierung aufgrund der HIV-Infektion bietet außerdem das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Gegen Diskriminierung kann man sich wehren

Informationen und Unterstützung gegen HIV-Diskriminierung

Kommt es im Arbeitsleben zu HIV-bezogener Diskriminierung, können Menschen mit HIV sich wehren.

Gute erste Anlaufstellen sind die örtlichen Aidshilfen. Die Adressen findet man unter aidshilfe.de/adressen.

Unterstützung beim Vorgehen gegen Diskriminierung bietet die Kontaktstelle HIV-bezogene Diskriminierung der Deutschen Aidshilfe.

#positivarbeiten: für einen diskriminierungsfreien Umgang mit HIV-positiven Menschen im Arbeitsleben

Auch Arbeitgeber_innen werden aktiv: Bereits über 70 Unternehmen haben die Erklärung für einen diskriminierungsfreien Umgang mit HIV-positiven Menschen im Arbeitsleben unterzeichnet.

FAQ HIV und Arbeit

Kann man mit HIV jeden Beruf ausüben?

 

Ja. Menschen mit HIV können jeden Beruf ausüben. Im Arbeitsalltag besteht kein HIV-Übertragungsrisiko. Das gilt für sämtliche Tätigkeiten, ob in Schulen und Kindergärten, in Gesundheitsberufen, in der Gastronomie oder im Handwerk.

Laut § 43 Infektionsschutzgesetz braucht jede in der Gastronomie oder Lebensmittelverarbeitung beschäftigte Person eine Bescheinigung des Gesundheitsamts. Dazu ist keine Untersuchung, sondern nur die Teilnahme an einer „Belehrung“ erforderlich. Die Gesundheitsämter bieten dafür Termine an. Menschen mit HIV bekommen diese Bescheinigung problemlos – ein HIV-Test ist hier nicht vorgesehen.

Besondere Empfehlungen gibt es nur bei verletzungsträchtigen operativen Eingriffen: Diese sollen HIV-positive Chirurg_innen nur vornehmen, wenn ihre Viruslast unter der Nachweisgrenze von 50 Viruskopien/ml liegt und mit doppelten Handschuhen gearbeitet wird. Bei Jobs, die mit Arbeitseinsätzen in Ländern verbunden sind, in denen Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Menschen mit HIV gelten (www.hivtravel.org), können gemeinsam Lösungen gefunden werden.

Muss man eine HIV-Infektion mitteilen?

 

Nein. Es gibt keine Meldepflicht für HIV. Menschen mit HIV müssen Arbeitgeber_innen nicht über die HIV-Infektion informieren und sie dürfen auch nicht danach gefragt werden.

Passiert das trotzdem, zum Beispiel im Bewerbungsgespräch, braucht man nicht wahrheitsgemäß zu antworten. Die Frage darf nur gestellt werden, wenn die HIV-Infektion für die ausgeübte Tätigkeit relevant ist. Das ist nur bei den allerwenigsten Tätigkeiten der Fall (siehe „Kann man mit HIV jeden Beruf ausüben?“).

Auch Mitarbeiter_innen von Arbeitsagenturen und Jobcentern dürfen potenzielle Arbeitgeber_innen nicht über die HIV-Infektion von Arbeitssuchenden informieren.

Dürfen Kolleg_innen über eine HIV-Infektion informiert werden?

 

Nein. Vielmehr haben Vorgesetzte die Pflicht, den Datenschutz und die Privatsphäre aller Mitarbeiter_innen zu schützen.

Auch Betriebsärzt_innen dürfen keine Diagnosen an Arbeitgeber_innen weitergeben. Sie dürfen lediglich mitteilen, ob Arbeitnehmer_inen für ihre Tätigkeiten geeignet sind oder nicht.

Gibt es Gefahren für Kolleg_innen oder Kund_innen?

 

Nein. HIV ist ein schwer zu übertragendes Virus und wird vor allem sexuell und beim gemeinsamen Gebrauch von Spritzen weitergegeben. Im Arbeitsalltag besteht kein Infektionsrisiko für Kolleg_innen, Kund_innen oder Betreute.

Ist ein HIV-Test im Einstellungsverfahren erlaubt?

 

Eine HIV-Infektion spielt so gut wie nie eine Rolle für die angestrebte Tätigkeit (siehe „Kann man mit HIV jeden Beruf ausüben?“). Deshalb gehört ein HIV-Test nicht zur Einstellungsuntersuchung und auch nicht zu arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen. Zwar wird oft behauptet, ein (negativer) HIV-Test sei für bestimmte Arbeitsbereiche notwendig, zum Beispiel in der Kranken-, Alten-, Kinder- und Jugendpflege oder auch bei Labortätigkeiten. Dies ist aber nicht richtig.

Da HIV im Arbeitsalltag nicht übertragen werden kann, haben selbst „freiwillige“ HIV-Tests hier nichts zu suchen – im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses kann ein solcher Test auch nie freiwillig sein.

Darf man wegen einer HIV-Infektion gekündigt werden?

 

Nein. Eine Kündigung aufgrund der HIV-Infektion stellt eine Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz dar.

Schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor HIV-Diskriminierung?

 

Ja. Das Bundesarbeitsgericht hat Ende 2013 entschieden, dass auch eine symptomlose HIV-Infektion als Behinderung im Sinne des AGG gilt (6 AZR 190/12). Laut diesem Urteil ist die Kündigung von Arbeitnehmer_innen wegen einer HIV-Infektion im Regelfall diskriminierend und damit unwirksam.

Was können Arbeitnehmer_innenvertretungen tun?

 

Gewerkschafter_innen, Betriebs- oder Personalrät_innen, Gleichstellungsbeauftragte oder Schwerbehindertenvertretungen können für Menschen mit HIV wichtige Anlaufstellen bei Problemen am Arbeitsplatz sein. Da für sie eine Schweigepflicht gegenüber Arbeitgeber_innen und anderen Beschäftigten gilt, können sie Ratsuchenden einen sicheren Raum bieten.

Darüber hinaus können sich Arbeitnehmer_innenvertretungen für die Unterzeichnung der Arbeitgeber_innendeklaration einsetzen und damit für einen respektvollen und selbstverständlichen Umgang mit HIV-positiven Mitarbeitenden werben.

Ausführlichere Informationen gibt es in der Broschüre „HIV und Arbeit? Sie sind gefragt!“

Der Doppel-Flyer „Out am Arbeitsplatz“/„HIV ist auch nicht mehr das, was es mal war“ mit Informationen für HIV-positive Arbeitnehmer_innen/für Arbeitgeber_innen, Kolleg_innen und Vorgesetzte kann im DAH-Shop kostenlos bestellt werden.

Was können Arbeitgeber_innen tun?

 

Arbeitgeber_innen können ein respektvolles Klima fördern, das allen zugutekommt. Sie können aufklären, Offenheit signalisieren und sich gegen Diskriminierung positionieren.

Außerdem können Arbeitgeber_innen

  • die Deklaration #positivarbeiten unterzeichnen
  • die darin enthaltenen Grundsätze lebendig werden lassen
  • sich über HIV informieren Informationsmaterial zur Verfügung stellen
  • Schulungen und Fortbildungen anbieten
  • Leitlinien erarbeiten, die Bedürfnisse von Menschen mit chronischen Erkrankungen wie z. B. flexible Arbeitszeiten berücksichtigen.

 Weitere Infos:

  • Ausführliche Informationen für Arbeitgeber_innen bietet die Broschüre „HIV und Arbeit? Das geht!“
  • Ein kompaktes Faktenblatt zu HIV und Arbeit im PDF-Format findet sich hier.
  • Der Doppel-Flyer „Out am Arbeitsplatz“/„HIV ist auch nicht mehr das, was es mal war“ mit Informationen für HIV-positive Arbeitnehmer_innen/für Arbeitgeber_innen, Kolleg_innen und Vorgesetzte kann im DAH-Shop kostenlos bestellt werden.