Archiv: Erste Auflage von positive stimmen (2012)
HIV-bezogene Stigmatisierung und Diskriminierung können die Lebensqualität von Menschen, die mit HIV leben, stark beeinträchtigen. Gleichzeitig behindern sie – wie sowohl Praxis als auch Wissenschaft zeigen – Erfolge der HIV-Prävention, z.B. die Reduzierung von Neuinfektionen.
Vor diesem Hintergrund beschlossen 2005 vier international tätige Organisationen, eine systematische Auseinandersetzung mit den Themen zu starten: UNAIDS, GNP+ (Globales Netzwerk von Menschen mit HIV), ICW (Globales Netzwerk für Frauen mit HIV) und IPPF (Internationaler Verband für Familienplanung). Besonders bei dieser Initiative ist, dass Stigmatisierung und Diskriminierung nicht getrennt betrachtet, sondern als zusammenhängend verstanden werden.
Erstes Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist der „PLHIV Stigma Index“ („Menschen mit HIV Stigma Index“). Das Projekt dient der Dokumentation und Abbildung der von Menschen mit HIV erlebten Stigmatisierung. Einzigartig ist dabei der Ansatz, dass das Gesamtprojekt von Menschen mit HIV getragen wird und damit im Sinne der GIPA Prinzipien steht. GIPA („Greater Involvement of People Living with HIV/ Aids“) sieht Menschen mit HIV als Akteure, die gleichberechtigt in die Belange einzubeziehen sind, die sie betreffen.
Seit Beginn der Initiative ist der „PLHIV Stigma Index“ in über 40 Ländern der Welt durchgeführt worden. 2011/ 2012 ermöglicht die Deutsche AIDS-Hilfe die Umsetzung des Projektes unter dem Titel „positive stimmen“ in Deutschland.
Der Ablauf
Die Deutsche AIDS-Hilfe als Interessenvertretung der Menschen mit HIV und Aids und Dachverband der Aidshilfen in Deutschland unterstützt und koordiniert die Umsetzung des PLHIV Stigma Index unter dem Titel "positive stimmen" in Deutschland. Der Titel verweist auf das Anliegen des Projektes, den "Stimmen" von HIV-Positiven zum Thema Stigmatisierung und Diskriminierung Gehör zu verschaffen. Elementar für die Umsetzung ist die Teilhabe von und Zusammenarbeit mit Menschen mit HIV. Daher wird das Projekt von einem Beirat von Vertretenden aus Initiativen der Selbstorganisation von Menschen mit HIV begleitet. Kern des Projektes ist die Dokumentation von erlebter Stigmatisierung bei Menschen mit HIV und Aids.
Die Dokumentation erfolgt über Interviews, die von Menschen mit HIV durchgeführt werden. Um als Interviewer/innen arbeiten zu können, nahmen Interessierte an einem Training für so genannte Peer Researcher (Forschende) teil. Als Peer Researcher bezeichnet man Forschende, die sich mit Themen, die sie selbst betreffen, auseinandersetzen. Dieser Ansatz "Positive sprechen mit Positiven", schafft im Interview eine andere Interaktion, z.B. eine verständnisvollere Atmosphäre im Vergleich zur Situation, wenn eine unbetroffene Forscherin Fragen stellt. Für Beteiligte gibt es so auch die Möglichkeit, falls gewünscht, sich über Erfahrungen oder Kontakte zu Initiativen der Selbstorganisation oder Beratung auszutauschen. Die Interviews fanden über einen Zeitraum von ca. einem halben Jahr, zwischen Oktober 2011 und März 2012 statt. Mittlerweile ist die Interviewphase abgeschlossen.
Nach Auswertung und Interpretation der Daten und der Berichtslegung werden die Ergebnisse das erste Mal im Rahmen Europas größter Selbsthilfekonferenz im Bereich HIV erfolgen, den Positiven Begegnungen (vom 23.-26.08.2012 in Wolfsburg). Bereits während der Projektlaufzeit soll die (Fach-)Öffentlichkeit durch eine durchgängige Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für die Bedeutung des Themas sensibilisiert werden. Zu Zwecken der Qualitätssicherung wird das Projekt durchgängig wissenschaftlich begleitet, um möglichst umgehend auf aufkommende Veränderungen im Prozessverlauf reagieren zu können.
Die Ergebnisse
1148 positive stimmen fordern: Keine Diskriminierung von Menschen mit HIV!
Im Projekt positive stimmen wurden 1148 Menschen mit HIV zu ihren Erfahrungen mit HIV-bezogener Stigmatisierung und Diskriminierung befragt. Nun liegen die Ergebnisse vor – und damit zum ersten Mal umfangreiche und aussagekräftige Daten zur Situation von HIV-positiven Menschen in Deutschland.
Hier geht es zu einer zusammengefassten Version der Ergebnisse und zur Pressemeldung, die beide im Rahmen der Konferenz "Positive Begegnungen" vorgestellt wurden.
Die umfassende Projektdokumentation mit einem ausführlichen Ergebnisteil gibt es es hier!
Alle Ergebnisse der statistischen Auswertungen sind hier dargestellt.
Eine spezifische Auswertung zu den Angaben der teilnehmenden Frauen findet sich hier.
Results in English!
Wie ein Teil der Interviewer_innen ihre Arbeit erlebt haben, zeigt das folgende Video: